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BIBB-Prüferbefragung Teil 3: Einschätzungen zur gestreckten Abschlussprüfung bzw. Gesellenprüfung

Ergebnisse der Prüferbefragung vom 25.4. bis 15.6.2013

Das Projektteam „Kompetenzbasierte Prüfungen“ hat im Frühling 2013 eine Prüferbefragung durchgeführt. Auf dieser Seite finden Sie die Ergebnisse der Prüferbefragung zur Einschätzung der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung.

Insgesamt konnten 1821 Fragebögen aus der Prüferbefragung ausgewertet werden. 

27 % der Befragten prüfen in Berufen mit gestreckter Abschluss- bzw. Gesellenprüfung (GAP/GGP). Im Fragebogen wurde die Zustimmung bzw. Ablehnung zu verschiedenen Aussagen zur gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung erhoben. Die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. 

In den offenen Antworten haben zahlreiche Prüferinnen und Prüfer angemerkt, dass sie die Einführung der gestreckten Prüfungen grundsätzlich befürworten:

„Die gestreckte Abschlussprüfung stellt, meiner Meinung nach, eine wesentliche Verbesserung gegenüber der Zwischenprüfung dar.“
Grafik: Aussagen zur gestreckten Abschlussprüfung bzw.Gesellenprüfung
© BIBB

Ist die gestreckte Abschluss- bzw. Gesellenprüfung Teil 1 geeignet, berufliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen?

Mehr als Dreiviertel der Befragten stimmt der Aussage zu, dass durch Teil 1 der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden kann. 18 % stimmen dieser Aussage nicht zu und 4 % können weder zustimmen noch ablehnen und haben „weiß nicht“ angekreuzt. Eine Vielzahl der Befragten hat die Möglichkeit genutzt, ihre Einschätzung konkreter auszuführen, im Folgenden werden die verschiedenen Positionen dargestellt.

Wie schon bei der traditionellen Zwischenprüfung wird auch für die gestreckte Abschlussprüfung bemängelt, dass es an beiden Lernorten nicht immer gelingt, alle prüfungsrelevanten Inhalte bis zum Zeitpunkt des ersten Prüfungsteils zu vermitteln. Viele Prüferinnen und Prüfer haben auch angesichts eines als hoch empfundenen Anforderungsniveaus gefordert, dass Teil 1 der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden soll.

„Teil 1 der Gestreckten ist entweder zu schwer oder zu früh. Viele der Lerninhalte müssen meiner Meinung nach frühzeitig vermittelt werden, um den Anforderungen der Prüfung gerecht zu werden. Es ist wenig oder keine Zeit für Vertiefungsphasen.“

Auch auf die Gewichtung der beiden Prüfungsteile wird verwiesen. Je nach Beruf fließt Teil 1 zwischen 20-40 % in die Gesamtnote ein. In Berufen mit beispielsweise 40 % wird die Gewichtung von den Befragten als zu hoch empfunden, während andere Prüferinnen und Prüfer bemängeln, dass Teil 1 mit 25 % in ihrem Prüfberuf zu gering gewichtet ist.

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Ist Teil 2 der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung geeignet, berufliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen?

Dieser Frage stimmte mit 72 % eine deutliche Mehrheit, aber ein geringerer Anteil als bei Teil 1 der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung, zu. 5 % sind sich unsicher, und 23 % der Befragten halten Teil 2 der gestreckten Prüfung für nicht geeignet, berufliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen.

In Kommentaren zur gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung Teil 2 wurde wiederholt geäußert, dass die Anforderungen im Teil 2 im Vergleich zu Teil 1 zu gering sind:

„Teil 2 der praktischen Abschlussprüfung ist im Gegenzug sehr einfach, da die oft schwereren Fertigkeiten schon im Teil 1 geprüft wurden und keine 'Doppelprüfungen' erlaubt sind.“

Im Übrigen beziehen sich die Anmerkungen häufig nicht auf die Aufteilung der Prüfung in zwei Zeitpunkte, sondern auf bestimmte Instrumente, die in einigen Berufen in Teil 2 der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung eingesetzt werden. Bemängelt wird vor allem, dass praktische bzw. handwerkliche Fertigkeiten beim Prüfungsinstrument „Betrieblicher Auftrag“ in seiner derzeitigen Form einer direkten Bewertung nicht mehr zugänglich sind und durch die betriebliche Aufgabenstellung eine Vergleichbarkeit der Prüfungsleistung nicht mehr gegeben ist.

„Teil 2: Da hier nur noch prozessbezogen geprüft werden kann, wird das fachliche Können und Wissen fast komplett ausgeblendet.“

Häufig bemängelt wird auch, dass der Praxisbezug in Teil 2 fehlt und der zeitliche Umfang zu kurz ist, um berufliche Handlungsfähigkeit zu prüfen.

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Soll die gestreckte Abschlussprüfung bzw. Gesellenprüfung auf mehr als zwei Teile ausgedehnt werden?

Eine weitere Erhöhung der Prüfungszeitpunkte wird von 80 % der befragten Prüferinnen und Prüfer abgelehnt und nur von 12 % befürwortet; 8 % der Befragten sind sich unsicher und haben „weiß nicht“ angekreuzt.

„Eine weitere Aufteilung birgt z. B. die Problematik der Punkteverteilung, weil diese so sein sollte, dass keiner vor dem letzten Prüfungsteil bereits bestanden haben sollte. Werden aber zu viele Sperrfächer u. ä. eingebaut, so sinkt die Wertigkeit der übrigen Prüfungsteile recht schnell.“

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Zusammenfassung

Die Prüferbefragung zeigt, dass große Einigkeit darüber besteht, dass die gestreckte Abschluss- bzw. Gesellenprüfung geeignet ist, berufliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen. Kritikpunkte werden in den Antworten und Anmerkungen insbesondere bezüglich der Gestaltung der beiden Prüfungsteile und ihres Verhältnisses zueinander deutlich. In der Bewertung schneidet Teil 1 der Abschlussprüfung trotz ebenfalls geäußerter Kritik am zu frühen Prüfungszeitpunkt und der Gewichtung besser als Teil 2 ab. In Teil 2 vermisst ein Teil der Prüferinnen und Prüfer bei einigen Prüfungsinstrumenten die Möglichkeit, Fertigkeiten direkt beobachten zu können.

Grundsätzliche Einwände gegen die Gestreckte Abschluss- bzw. Gesellenprüfung wurden in der Befragung nicht geäußert. Für deren Ausgestaltung sehen die Prüferinnen und Prüfer jedoch noch Verbesserungsbedarf.

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