Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR)
Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ist ein Instrument, das alle formalen Qualifikationen des deutschen Bildungssystems bündelt: Abschlüsse aus Allgemeinbildung, beruflicher Bildung, Hochschulbildung und Weiterbildung werden 8 Niveaustufen zugeordnet.

Unterschiedliche Qualifikationen können so transparent und vergleichbar gemacht sowie angemessen bewertet werden. Angestrebt wird, zukünftig auch informell erworbene Kompetenzen im DQR zu berücksichtigen.
Entwicklungen in der Europäischen Union

Hintergrund für die Schaffung des DQR sind europäische Entwicklungen: 2008 trat die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) in Kraft. Diese sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten ihre Bildungssysteme an den EQR koppeln, um Bildungsergebnisse länderübergreifend vergleichbar zu machen. Nationale Qualifikationssysteme werden über den EQR zueinander in Beziehung gesetzt und ‚übersetzt‘. Der EQR weist 8 Niveaustufen auf. Niveau 1 als niedrigste Stufe steht für grundlegendes Allgemeinwissen, während Niveau 8 als höchstes Niveau fortgeschrittene Lernergebnisse abbildet. Die einzelnen Niveaus werden unterteilt in „Kenntnisse“, „Fertigkeiten“ und „Kompetenzen“ beschrieben. Qualifikationen sind entsprechend der mit ihnen verbundenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen in den Bildungsniveaus zu verorten.
Der EQR zielt dabei auf die mit einer Qualifikation verbundenen Lernergebnisse, also auf das, was jemand weiß, versteht und in der Lage ist zu tun („Outcome-Orientierung“). Er orientiert sich nicht mehr am Lerninput, wie z.B. welche Bildungseinrichtung wurde besucht oder wie lange hat eine Ausbildung oder ein Studium gedauert.
Die lernergebnisorientierte Beschreibung von Qualifikationen ermöglicht nicht nur die internationale Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen. Auch innerhalb eines nationalen Bildungssystems werden auf unterschiedliche Weise erworbene Qualifikationen zueinander in Beziehung gesetzt und folglich Gleichwertigkeiten und Unterschiede aufgezeigt.
Ziel ist, dass alle Beteiligten – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Institutionen etc. – europaweit Bildungsabschlüsse vergleichen können. So soll der EQR die Durchlässigkeit der Bildungssysteme und die berufliche Mobilität national und europaweit fördern.
Der DQR als nationale Umsetzung des EQR
Der DQR dient dazu, die im deutschen Bildungssystem erworbenen Qualifikationen in Beziehung zu den 8 Niveaustufen des EQR zu setzen. Wie der EQR arbeitet der DQR mit 8 Niveaustufen. Während im EQR „Kompetenz“ eine von drei Dimensionen ist, steht im DQR der Kompetenzbegriff ganz klar im Zentrum. Kompetenz ist im DQR definiert als „die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten.“ Kompetenz wird also als umfassende Handlungskompetenz verstanden.
Anforderungsstruktur |
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Fachkompetenz | Personale Kompetenz | ||
Wissen | Fertigkeiten | Sozialkompetenz | Selbständigkeit |
Tiefe und Breite | Instrumentale- und systemische Fertigkeiten, Beurteilungsfähigkeit | Team-/Führungsfähigkeit, Mitgestaltung und Kommunikation | Eigenständigkeit/ Verantwortung, Reflexivität und Lernkompetenz |
[Quelle: Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen verabschiedet vom AK DQR am 22.März 2011 S.5]
Der DQR sieht 8 Niveaustufen vor mit den Kompetenzkategorien „Fachkompetenz“ und „personale Kompetenz“. Fachkompetenz setzt sich aus Wissen und Fertigkeiten zusammen. Personale Kompetenz umfasst Sozialkompetenz und Selbständigkeit. An diesen beiden Kompetenzkategorien orientiert sich die Einordnung aller formalen Qualifikationen in den DQR. D.h. Bildungsabschlüsse aus Allgemeinbildung, Hochschulbildung und beruflicher Bildung werden in den Niveaustufen des DQR verortet. Gleichwertige Qualifikationen landen dabei auf demselben Bildungsniveau, auch wenn sie auf völlig unterschiedliche Weise erworben wurden. So macht der DQR Bildungsabschlüsse transparent und vergleichbar.
Geplant ist, in Zukunft auch Ergebnisse informellen Lernens zu berücksichtigen. Der DQR weist zwar Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Qualifikationen auf, hat aber keine Gesetzeskraft. Er ersetzt das in Deutschland bestehende System der Zugangsberechtigungen und hat auch keine tariflichen Auswirkungen.
Vereinbarung über die Einführung des DQR
Über die Einordnung des Abiturs in den DQR entbrannte eine heftige Debatte. Streitpunkt war, auf welcher Niveaustufe das Abitur im Verhältnis zur Berufsausbildung eingeordnet werden sollte. Da keine Einigung erzielt werden konnte, verständigten sich Bund, Länder und Sozialparteien am 31.1.2012 auf einen Kompromiss:
- Die allgemeinbildenden Schulabschlüsse bleiben zunächst außen vor.
- Zweijährige berufliche Erstausbildungen werden in Niveaustufe 3 einsortiert.
- Dreijährige und dreieinhalbjährige Erstausbildungen werden in Niveaustufe 4 eingeordnet.
Nach fünf Jahren soll erneut die Zuordnung von allgemeiner und beruflicher Bildung beraten und eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden.
Bereits jetzt gilt die Vereinbarung über die Einführung des DQR als Meilenstein für die gesellschaftliche Anerkennung der beruflichen Bildung. Berufliche und schulische Bildung werden als gleichwertig betrachtet. Meister, Bachelor und Fachwirt sind dem gleichen Niveau zugeordnet: Niveaustufe 6 von 8! Dies beweist, dass hochwertige Qualifikationen auch über das duale System zu erreichen sind. Insofern hat der DQR das Potential, durch das Ins-Verhältnis-Setzen von beruflicher und akademischer Bildung ein stärkeres Bewusstsein für den Wert der dualen Berufsausbildung zu schaffen.