Rechtsprechung
Hier finden Sie thematisch geordnet die Leitsätze wichtigerer Gerichtsentscheidungen zum Prüfungsrecht im Bereich Fort- und Weiterbildung.

- Zur Meisterprüfung ist zuzulassen, wer eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in dem anerkannten Ausbildungsberuf Tierwirt oder Tierwirtin und danach eine mindestens zweijährige Berufspraxis nachweist, wobei die Berufspraxis in einem Unternehmen der Tierwirtschaft, der Landwirtschaft mit Tierhaltung oder vergleichbaren Unternehmen nachgewiesen werden muss.
Die Berufspraxis muss sich auf den Ausbildungsberuf Tierwirt beziehen. Grundsätzlich kann der Nachweis der Berufspraxis auch im eigenen Unternehmen erfolgen.
Bei berufsbezogenen Prüfungen ist grundsätzlich Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG einschlägig. Hierbei ist unerheblich wenn es sich bei einem Unternehmen nur um einen Nebenerwerb handelt, der die Existenz allein nicht sichern könnte. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist weit auszulegen und umfasst auch Nebenerwerbe von Ruhestandsbeamten, die für sich genommen eine wirtschaftliche Existenz nicht sicherstellen, wenn sie auf Dauer angelegt sind und geeignet sein können, als Grundlage der Lebensführung zu dienen.
(VG Stuttgart, Urteil vom 02.03.2015, 12 K 3715/14, juris)
- Die Entscheidung, ob ein Bewerber für die Fortbildungsprüfung zum Geprüften Bilanzbuchhalter die Zulassungsvoraussetzungen - erforderliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen - erfüllt, liegt nicht im Beurteilungsspielraum des Prüfungsausschusses. Das bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen bestehende Ermessen kann im Einzelfall auf Null reduziert sein.
Die erforderlichen Erfahrungen muss der Prüfungsbewerber nicht in einer betrieblichen Berufspraxis erworben haben. Eine andere ausgeübte berufliche Tätigkeit mit betrieblichem Bezug kann ausreichen.
(Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.05.2007, 19 B 1523/07, 19 E 974/07, juris)
- Die Prüfungsentscheidung ist rechtswidrig, wenn die Beschlüsse über die Noten sowie über das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung nicht, wie in § 19 Abs. 1 der Verordnung über das Zulassungs- und Prüfungsverfahren für die Meisterprüfung im Handwerk vorgesehen, durch einen vorschriftsmäßig aus fünf Mitgliedern zusammengesetzten Meisterprüfungsausschuss gefasst worden sind (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 HwO). Die Prüfungsleistungen des Klägers sind dann verfahrensfehlerhaft bewertet.
(VG Augsburg, Urteil vom 04.06.2013, Au 3 K 12.1069, openJur
- Wenn ein Prüfling eine Täuschungshandlung begeht bzw. unterstützt oder unerlaubte Arbeits- und Hilfsmittel benutzt, können die mit der Aufsicht beauftragten Personen dem Prüfling die Fortführung der Prüfung unter Vorbehalt gestatten oder ihn von der Prüfung ausschließen; der Sachverhalt ist festzustellen und zu protokollieren (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 3 MPVerfVO). Gemäß § 8 Abs. 2 MPVerfVO können mit der Aufsicht beauftragte Personen nur eine vorläufige Entscheidung i.S.d. Absatzes 1 treffen; die endgültige Entscheidung trifft der Meisterprüfungsausschuss nach Anhörung des Prüflings. Als Sanktion sieht § 8 Abs. 3 Satz 1 MPVerfVO in schwerwiegenden Fällen vor, dass der jeweilige Teil der Meisterprüfung als nicht bestanden gilt. In den übrigen Fällen gilt die Prüfung für den Prüfungsbereich, das Prüfungsfach, das Handlungsfeld oder den praktischen Teil der Prüfung im Teil IV der Meisterprüfung als nicht abgelegt (§ 8 Abs. 3 Satz 2 MPVerfVO).
(VG Augsburg, Urteil vom 19.05.2015 , Au 3 K 15.162, openJur)
- Mitglieder des Meisterprüfungsausschusses, die die Bewertungen des Meisterprüfungsprojekts und des Fachgesprächs durchgeführt haben, müssen auch an der abschließenden Entscheidung des Meisterprüfungsausschusses über die Noten sowie über das Bestehen oder Nichtbestehen des jeweiligen Teils der Meisterprüfung und der Meisterprüfung insgesamt beteiligt sein, weil sie aufgrund ihrer (Vor)bewertung eine Berichterstatterfunktion für die übrigen, an der Vorbewertung nicht beteiligten Mitglieder des Meisterprüfungsausschusses erfüllen.
Der Meisterprüfungsausschuss ist nicht an die zur Vorbereitung seiner Beschlussfassung erstellten Bewertungen gebunden.
(VG Karlsruhe, Urteil vom 20.05.2015, 7 K 2232/13, juris)
Es ist nicht etwa der Umfang der Begründung maßgeblich, sondern es kommt darauf an, ob sie inhaltlich die (negative) Bewertung rechtfertigen kann oder aber ein Bewertungsdefizit erkennen lässt. Kurze und verständliche Begründungen sind oft besser geeignet als umfangreiche, ausufernde Darlegungen. Selbst die schlichte Bezeichnung eines Lösungsansatzes als „falsch“ kann nach den Umständen des Einzelfalles ausreichen (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 710).
Sogar eine fehlende oder unvollständige Begründung kann nachgeholt bzw. nachgebessert werden, so dass ein etwaiger Rechtsfehler – wenn die nachgeholte Begründung fehlerfrei ist und die Benotung trägt – damit behoben ist (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Dies kann während des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens, des Widerspruchverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz geschehen (§ 45 Abs. 2 VwVfG; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 712).
(VG Würzburg, Urteil vom 20.03.2019, W 6 K 17.1026, juris)
Weder das Berufsbildungsgesetz (BBiG) noch die Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungs- und AEVO-Prüfungen der IHK oder die BetrWPrV sehen eine schriftliche Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen vor. Eine solche Begründungspflicht folgt aber - bei entsprechender, substantiierter Nachfrage des Prüflings - unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Das von diesen Grundrechten umfasste Informationsrecht des Prüflings richtet sich grundsätzlich auch auf eine angemessene Begründung der Prüfungsentscheidung, also auf die Bekanntgabe der wesentlichen Gründe, mit denen die Prüfer zu einer bestimmten Bewertung der mündlichen Prüfungsleistungen gelangt sind.
Die Prüfer müssen eine schriftliche Begründung nicht erst dann abfassen, wenn der Prüfling Kritikpunkte formuliert hat.
(VG Köln, Urteil vom 06.12.2017, 10 K 5127/16, juris)
- 1. Hat ein Prüfling den Teil I der Elektrotechniker-Meisterprüfung nicht bestanden und muss er deshalb die Prüfung wiederholen, so ist die Befreiung von der Wiederholung nur hinsichtlich ganzer Prüfungsbereiche möglich, nicht hinsichtlich einzelner Elemente der Prüfung (Meisterprüfungsprojekt oder Fachgespräch).
2. Eine Befreiung von der Wiederholung eines Prüfungsbereichs scheidet aus, wenn in diesem Prüfungsbereich zwar die gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 MPVerfVO erforderlichen 50 Punkte (mindestens) erzielt wurden, jedoch eine in der einschlägigen Fach-Meisterprüfungsverordnung vorgeschriebene Mindestpunktzahl in einem Prüfungselement nicht erzielt wurde, deren Verfehlung zum Nichtbestehen des entsprechenden Teils der Meisterprüfung führt.
(Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 15.03.2016, 22 B 15.2564, juris)