Nach Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung sind in anerkannten Ausbildungsberufen Abschluss- bzw. Gesellenprüfungen durchzuführen. Bei gewerblich-technischen Ausbildungsberufen in der Industrie wird im Verordnungstext die Bezeichnung „Abschlussprüfung“ verwandt, bei gewerblich-technischen Ausbildungsberufen des Handwerks die Bezeichnung „Gesellenprüfung“.
Durch die Abschluss- bzw. Gesellenprüfung soll am Ende der Ausbildung festgestellt werde, ob der Auszubildende beziehungsweise die Auszubildende die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat, d. h. dass er/sie die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist. Gemäß dem in der Ausbildungsordnung festgelegten Qualifikationsbegriff (Fähigkeit zum selbständigen Planen, Durchführen und Kontrollieren) sollen die Auszubildenden in der Abschlussprüfung nachweisen, dass sie Arbeitsaufgaben in ihrem Beruf selbständig planen, vorbereiten und durchführen sowie das Ergebnis der eigenen Arbeit kontrollieren, beurteilen und bewerten können. Auch sollen sie sich kritisch mit ihrer Arbeitsweise sowie ihren Arbeitsergebnissen auseinandersetzen können.
Seit 2002 steht mit der gestreckten Abschluss- bzw. Gesellenprüfung eine neue Prüfungsart zur Verfügung, die in zwei zeitlich auseinanderfallenden Teilen stattfindet.
In einem Prüfungsausschuss sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeauftragte sowie Lehrkräfte aus berufsbildenden Schulen vertreten.
Beauftragte der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind Fachkräfte, die häufig im betrieblichen Teil der Ausbildung engagiert sind.
Beauftragte der Arbeitnehmer werden auf Vorschlag der im Bezirk der zuständigen Stelle bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Arbeitnehmervereinigungen berufen, Arbeitgeberbeauftragte direkt von der zuständigen Stelle. Arbeitgebervertreter/innen können u.a. Freiberufler, Selbständige, Führungskräfte und Ausbildungsverantwortliche oder Ausbilder in einem Unternehmen sein.
Lehrkräfte werden im Einvernehmen zwischen Schulaufsichtsbehörde und zuständiger Stelle berufen.
Die Arbeitsaufgabe besteht aus der Durchführung einer komplexen berufstypischen Aufgabe. Es werden eigene Prüfungsanforderungen formuliert. Die Arbeitsaufgabe erhält daher eine eigene Gewichtung. Bewertet werden
- die Arbeits- /Vorgehensweise und das Arbeitsergebnis oder
- nur die Arbeits- /Vorgehensweise.
Die Arbeitsaufgabe kann durch ein Situatives Fachgespräch, ein Auftragsbezogenes Fachgespräch, durch Dokumentieren mit praxisbezogenen Unterlagen, Schriftlich zu bearbeitende Aufgaben und eine Präsentation ergänzt werden. Diese beziehen sich auf die zu bearbeitende Arbeitsaufgabe.
Der Prüfling erhält die Aufgabe, eine einzelne berufstypische Tätigkeit durchzuführen. Es kann sich beispielsweise um eine Dienstleistung oder eine Instandhaltung oder Instandsetzung handeln. Es werden eigene Prüfungsanforderungen formuliert. Die Arbeitsprobe erhält daher eine eigene Gewichtung. Bewertet wird
- die Arbeits- /Vorgehensweise.
Auch das Arbeitsergebnis kann in die Bewertung mit einbezogen werden.
Darüber hinaus ist es zusätzlich möglich, ein Situatives oder ein Auftragsbezogenes Fachgespräch durchzuführen und die Durchführung mit praxisüblichen Unterlagen zu dokumentieren.
Schriftliche Aufgaben können je nach Zielsetzung sehr unterschiedlich gestaltet werden. So bietet sich z.B. bei der der Ermittlung kommunikativer Kompetenzen eine andere Art der Aufgabenstellung an als bei Erfassung des Verständnisses für fachliche Zusammenhänge.
Aufgaben, bei denen die Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind, werden als gebundene (ehemals programmierte) Aufgaben bezeichnet.
Beispiele für Aufgabenarten sind:
- Gebundene schriftliche Alternativantwort-Aufgaben
- Gebundene schriftliche Mehrfachwahl-Aufgaben
- Schriftliche Umordnungs-Aufgaben
- Halboffene schriftliche Aufgaben
- Offene schriftliche Aufgaben
Sämtliche Aufgaben werden von Gremien erstellt, die paritätisch, das heißt in gleicher Zahl mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie mit Berufsschullehrkräften besetzt sind.
Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Die Erstellung erfolgt durch den jeweiligen Prüfungsausschuss.
- Für die Erstellung wird bei der zuständigen Stelle ein Aufgabenerstellungsausschuss für den jeweiligen Ausbildungsberuf eingerichtet.
- Eine Leitkammer - mit der Funktion einer federführenden Kammer in einem bestimmten Beruf für ein Bundesland oder eine Region - beruft einen berufsspezifischen Fachausschuss zur Erstellung der Prüfungsaufgaben. Die Erarbeitung der Aufgaben kann dabei auch in Kooperation mit einer überregionalen Aufgabenerstellungsinstitution erfolgen.
- Die schriftlichen und in einigen Berufen auch praktischen Prüfungsaufgaben werden durch eine überregionale Aufgabenerstellungsinstitution erarbeitet.
Mit dem Ziel der wirtschaftlicheren Gestaltung und der Qualitätssicherung der Prüfungen wurden Institutionen eingerichtet, die die Prüfungsaufgaben für bestimmte Berufe überregional erarbeiten. Diese Aufgaben können bei Bedarf von den einzelnen zuständigen Stellen erworben werden.
Für die ehrenamtliche Prüfertätigkeit bei einer zuständigen Stelle wird kein Honorar im eigentlichen Sinne gezahlt, sondern eine Aufwandsentschädigung gewährt. Auslagen wie beispielsweise Kopier-, Anfahrts- oder Telefonkosten werden ebenfalls ersetzt.
Nach dem Berufsbildungsgesetz darf in Deutschland Auszubildende nur ausbilden, wer dazu persönlich und fachlich geeignet ist. Zweck ist die Sicherung der Ausbildungsqualität durch qualifizierte Ausbilder/innen. Für die Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz setzt die fachliche Eignung auch voraus, dass Ausbilder/innen über hinreichende berufs- und arbeitspädagogische Kenntnisse verfügen. Die Ausbildereignungsverordnung gibt vor, worin diese Kenntnisse konkret bestehen und wie der Nachweis hierfür erbracht werden kann.
Mit Änderungsverordnung vom 28. Mai 2003 wurde diese für die Dauer von fünf Jahren außer Kraft gesetzt mit dem Ziel, die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen zu erhöhen. Mit der zweiten Verordnung zur Änderung der Ausbildereignungsverordnung vom 14. 05 2008 wurde die Aussetzung noch einmal verlängert bis zum 01.08. 2009. Ab 01.08.2009 wird dann die novellierte Ausbildereignungsverordnung gelten.
- Rechtsgrundlagen: Ausbildereignungsverordnung (AEVO)
- AEVO alt (Bundesgesetzblatt 1999 PDF)
- AEVO neu ab 01.08.2009 (PDF)
- § 28 Abs.1 S.2 BBiG
Das Berufsbildungsgesetz definiert, welche Anforderungen an einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf zu stellen sind. Danach hat die Berufsausbildung die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln, der auch den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung ermöglicht.
Für anerkannte Ausbildungsberufe werden vom zuständigen Fachministerium, in der Regel das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Ausbildungsordnungen erlassen. Sie enthalten Mindestnormen für den betrieblichen Teil der Berufsausbildung. In einem anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden. Grundlage des berufsschulischen Teils der dualen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist der Rahmenlehrplan des jeweiligen Bundeslandes.
Das Führen des Berichtsheftes ist grundsätzlich Voraussetzung für die Zulassung zur Abschluss- bzw. Gesellenprüfung, wenn dies in der Ausbildungsordnung vorgeschrieben ist oder im Ausbildungsvertrag vereinbart wurde. Dies ist in der Regel der der Fall.
"Führen" heißt eine kurze Beschreibung des tatsächlichen Ausbildungsablaufs in vertretbarer Form, wobei die Mindestanforderungen eher gering ausfallen.
Ausbildungsordnungen sind Vorschriften, die die Ziele, Inhalte und Prüfungsanforderungen für die Ausbildung in Betrieben festlegen. Diese werden von den zuständigen Bundesministerien im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durch Rechtsverordnungen erlassen, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Sie gelten bundesweit und haben Gesetzescharakter.
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bereitet die Ausbildungsordnungen für die Bundesregierung inhaltlich vor. Es erarbeitet die Entwürfe gemeinsam mit den Sachverständigen aus der Berufspraxis, die von den Arbeitgebern und Gewerkschaften entsandt werden.
Eine Ausbildungsordnung regelt (§ 5 Abs. 1 BBiG):
- die Bezeichnung des Ausbildungsberufs,
- die Ausbildungsdauer – sie soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen,
- das Ausbildungsberufsbild – die typischen „Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten“ des Berufs in zusammengefasster Form,
- den Ausbildungsrahmenplan – eine Anleitung, wie die Vermittlung der Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sachlich und zeitlich zu gliedern ist,
- die Prüfungsanforderungen.
Das Leitbild der Authentizität im Prüfungswesen geht über die Orientierung an Handlungen und Prozessen wie bei der Prozessorientierung hinaus. Es beinhaltet vor allem die Durchführung der Prüfung innerhalb des realen betrieblichen Arbeitsprozesses. So soll direkt auf die berufliche Handlungsfähigkeit der Prüflinge geschlossen werden können.
Ziele und Leitbilder in der beruflichen Ausbildung : Authentizität